[von Leonie Grabowski] Der Kick-Off des Nationalen Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung war der Anstoß für die Entwicklung eines Plans, der fest im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht und der bis 2024 fertiggestellt sein soll. Er fand vom 13.11. – 14.11. in Berlin Friedrichshain statt.
Die Veranstaltung, die vom Bundesministerium für Jugend (BMFSFJ) der Stiftung SPI veranstaltet wurde, stand ganz im Sinne der Jugendbeteiligung — zumindest auf dem Papier.
Aber von vorn. Nachdem ich vorsichtigerweise einen Zug nach Berlin genommen hatte, der schon Stunden vor Veranstaltungsbeginn ankam, und zwar erstaunlich pünktlich, trafen sich alle U27- Teilnehmenden des NAPs im Foyer des Hotels, in dem wir für diese Nacht untergebracht waren. Ich und andere U18-Jährige trugen sich dort in Listen ein, sodass wir auch ja nicht verloren gehen. Gemeinsam fuhren wir mit der Tram zum ersten Veranstaltungsort, dem Palais der Kulturbrauerei. Dort bekamen wir unsere Namensschilder ausgehändigt und ein Sektglas mit Softdrinks in die Hand gedrückt. Der Palais ist ein großer Saal mit Bar und Empore und einer Bühne am Ende des Raums. Außerdem waren Stehtische mit Barhockern und ein Büffet mit allerlei fancy Häppchen aufgestellt worden.
Dieser Abend bestand aus Vorträgen von Erwachsenen, wie gut es in ihrem Ministeriumsreferat mit der Jugendbeteiligung läuft. Man hat einen jugendpolitischer Beirat eingerichtet, in dem (Achtung) sogar 5 Mitglieder unter 27 Jahre alt sind. Außerdem gibt es ein Bundesjugendkuratorium in dem (wieder Achtung) 2 Mitglieder U27 sind. Krass.
Aber zum Glück gab es auch eine Keynote, einen Vortrag, von einer Frau, die unter den Begriff „Jugend“ fällt. Von Milla Fester (die GRÜNEN). Die heißt eigentlich Emilia und ist mit 24 Jahren die jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Dass sie die jüngste Abgeordnete ist, sei für sie erschreckend gewesen und deshalb setzt sie sich für mehr Jugendbeteiligung ein, und zwar in Sachen Niedrigschwelligkeit, Inklusion und vorallem der Demokratisierung der Schulen bzw. des Bildungssystems. Zum Schluss gab es noch Raum für Diskussionen, die Dank der gut hörbaren Musik, ich sag mal, beschwerlich umsetzbar waren.
Der zweite Tag starte, das muss ich erwähnen, mit tollem Frühstück. Danach ging es zu Fuß zum Umweltforum. Das ist eine ehemalige Kirche, die in der DDR als Ort der Jugendbewegung und der Musikmessen, mit Musik, die in der DDR verboten war, genutzt wurde. Auch hier gab es wieder fancy Essen und eine Bühne, auf der uns die selben wirklich tollen Moderator:innen durch den Tag führten wie den Abend zuvor. Zunächst sprach die Bundesministerin für Jugend Lisa Paus (die GRÜNEN). Sie betonte ebenfalls, Beteiligung müsse inklusiv und demokratisch sein.
Das folgende Programm war, ich sag mal so, trocken. Die ersten drei Stunden bestanden wieder aus Gesprächsrunden von Erwachsenen, die über ihre neue Broschüre redeten („Qualitätsstandarts für Jugendbeteiligung“, war’s glaube ich). Zwischendurch kamen auch U27 Jährige zu Wort, die Mitglieder in verschiedenen Beiräten sind, was es wenigstens teilweise zu Jugendbeteiligung machte. Ein Lichtblick gab es dann doch noch. Ein paar der U27-Organisator:innen stellten ein individuelles, zwangloses Diskussionsforum auf. Wir hatten eine halbe Stunde Zeit (was für Relationen!) um auf der Bühne zu zwei Themen zu sprechen (Mental Health & Antirassismus), zu denen diejenigen auf die Bühne kommen durften, die etwas zu sagen hatten.
Übrigens, zu diesem Programmpunkt, der wirklich von Jugendlichen für Jugendliche war, verließ die Ministerin die Veranstaltung.
Nach dieser halben Stunde, ging es in die Mittagspause. Danach gab es verschiedene Diskussionsforen zu Themen, wie Jugendbeteiligung in der Familienbildung, Gesetzesfolgenabschätzung für junge Menschen usw. und natürlich ein Forum zum Thema Wahlalter 16. In dem war ich, zusammen mit anderen Menschen, die ebenfalls alle ausdrücklich für eine Absenkung des Wahlalters sind. Teilweise sogar auf 14 oder noch niedriger. Wir versuchten, einen Plan zu erstellen, wie wir, nach der erfolgreichen Absenkung des Wahlalters auf 16 zur Europawahl, auch auf Bundesebene eine Absenkung schaffen. Denn die Koalition „will“ das durchsetzten, laut Koalitionsvertrag. Wir haben festgestellt: man kommt nicht drumherum mehr Menschen dafür zu begeistern, zu informieren und vor allem die Union im Parlament dazu zu bringen, für die Änderung des Grundgesetzes zu stimmen.
Den Abschluss machte eine Poetry-Slammerin, eine Kunstform, die ich sehr schätze, mit einem Redebeitrag, der die Veranstaltung gut zusammenfasste: „Realität scheint, dass Jugendpolitik kein Selbstläufer ist.“ Stimmt, und deshalb hat auch diese Veranstaltung extrem viel Luft nach oben. Aber immerhin, es ist ein Anfang. Wenn der NAP 2024 nun erfolgreich beendet wird, hoffe ich ganz stark, dass die Verantwortlichen dazugelernt haben und vor allem, dass die entwickelte Strategie umgesetzt wird.